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Agenten

Roman

Erschienen am 09.11.2010
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783442738144
Sprache: Deutsch
Umfang: 320 S.
Format (T/L/B): 2.3 x 18.8 x 11.9 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Vom Autor des gefeierten Romans »Die Erfindung des Lebens« HannsJosef Ortheils SzeneRoman »Agenten« wurde bei seinem Erscheinen im Jahr 1989 als ein genaues und eindringliches Porträt der achtziger Jahre gefeiert. Nach dem Zerfall der politischen Zirkel und alternativen Bewegungen ging es um Geld, Karriere und Konsum und damit um die Kultivierung der EgoWelten. Kühl, respektlos und präzise seziert Ortheils IchErzähler, der junge Journalist Meynard, die PsychoDramen einer damals beginnenden neuen Epoche.Als virtuose Skizze einer Clique von jungen MöchtegernDandys wurde dieser Roman rasch zum Kultroman, dessen Aktualität und Frische sich bis heute völlig unvermindert erhalten haben.

Autorenportrait

Hanns-Josef Ortheil wurde 1951 in Köln geboren. Er ist Schriftsteller, Pianist und Professor für Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus an der Universität Hildesheim. Seit vielen Jahren gehört er zu den beliebtesten und meistgelesenen deutschen Autoren der Gegenwart. Sein Werk wurde mit vielen Preisen ausgezeichnet, darunter dem Thomas-Mann-Preis, dem Nicolas-Born-Preis, dem Stefan-Andres-Preis und dem Hannelore-Greve-Literaturpreis. Seine Romane wurden in über zwanzig Sprachen übersetzt.

Leseprobe

Es war ein matter Sommer, lauter lausige Tage, und niemand von uns lie?h?ren, wie man Druck h?e machen k?nnen. Wir schliefen zu lange, hatten kaum Appetit und sa?n am fr?hen Nachmittag vor den leeren Kneipen, wenn der s??iche Schwei?der vergangenen Nacht noch in den erkalteten R?en hing. Meist redete einer zuviel, und die anderen blickten die Stra? entlang, wo sich das ferne Leben abspielte, auf das niemand schon scharf war. Ich hatte mir orientalische Zigaretten gekauft, die Schachtel f?r mehr als 5 Mark, und ich konnte nicht aufh?ren mit dem Rauchen, selbst nicht, als der Mund ganz trocken war und ein beizender, metallischer Geschmack auf der Zunge lag. Aus irgendeinem Fenster dr?hnte Musik, nichts Nerviges, nur diese Sachen von gestern, versp?t und dr?ge. Das Bier schmeckte lau, wir schoben die Gl?r schwerf?ig ?ber die verschmierten Plastiktische und tranken doch mit nur kurzen Pausen, als drohe die feine Gischt bald zu verebben. In Gedanken ging jeder die Schaupl?e des Abends durch, sich ausmalend, was sie ihm bringen w?rden. Es war alles ein Warten, nur einer wechselte laufend den Platz, um soviel Sonne wie m?glich mitzubekommen. Ich mochte diese empfindlichen Stunden nicht, ich kam nicht an gegen die Lautlosigkeit, und so sa?ich wie die anderen ungelenk herum, mit dem Stuhl auf und ab wippend. Manchmal machte sich einer auf, eine Runde zu drehen, doch wir schauten ihm nicht hinterdrein, da es unruhig machte, ihn davongehen zu sehen. Sp?r stie?er wieder zu uns, irritiert und warm getankt, als habe er sich verlaufen und sei froh, uns wiedergefunden zu haben. Wor?ber sollte man reden, um auf Touren zu kommen? Noch immer beherrschten uns diese verkappten Antriebe, sie besch?igten einen wie wacklige Bilder im fr?hen Schlummer, und man verdr?te sie ebenso schnell, wie sie aufkamen. Wir sa?n immer unbeweglicher da, die Glieder wurden steif vor lauter Selbstbeherrschung, mit der man sich gegen den halben Rausch anstemmte. Dann kam die Abendk?hle hinzu, Wellen kurzen Schauderns, die bis in die Fingerspitzen reichten. Die Gl?r waren nun von einem klebrigen Film ?berzogen, und man trank vorsichtiger, um mit den Lippen nicht zu lange das Glas zu ber?hren. Einer las das Filmprogramm herunter, doch die Titel bewegten nichts mehr wie fr?her. Ein anderer schaute pl?tzlich auf die Uhr, als sei ihm etwas eingefallen. Wer es nun packte, entschl?pfte dem dunklen Kreis, hinaus in den Abend. Ich war meist zu langsam, ich rauchte weiter, sank in den Stuhl zur?ck und atmete schlie?ich tief durch, um den Absprung einzuleiten. Ich zahlte, indem ich mich von den anderen wegdrehte. Wir hatten nicht mehr viel gemeinsam, jeder ahnte es, und doch warteten alle beschw?rend. Ich klinkte mich aus, langsam nahm mich die schwere Fremde um mich herum wieder auf. Ich sprach leise mit mir, es war eine halbherzige Sprache, und es klang wie zur Probe. Dann der anstr?mende Verkehr, und eilig, dem ersten Impuls folgend, mischte ich mich hinein. Wir lebten in Wiesbaden, und die Stadt war gerade richtig f?r dieses bet?te Dasein. Fr?her war es die Stadt der ruhigen Mieter gewesen, jetzt aber hatten die Rentner und Pension?, die noch M?el mit schmalem Pelzbesatz trugen, l?st das Nachsehen. Jeder von uns war auf anderem Weg und zu einem anderen Zeitpunkt hierher gekommen, doch irgendwann hatten wir einmal zusammengefunden, als habe es schon immer eine Verabredung gegeben. Die meisten von uns waren auf dem Land aufgewachsen, in den D?rfern des Hunsr?cks oder am Mittelrhein, und zumindest eine Zeitlang hatten alle dasselbe Gymnasium in der Kreisstadt besucht, einen hellen, manisch zergliederten Bau aus den fr?hen siebziger Jahren, f?r den man ein halbes Waldgel?e brachgelegt hatte. Aus dieser Zeit kannten wir uns; es gab die langen Nachmittage mit den Freistunden zwischen den Chemiekursen, und es gab das heruntergekommene Caf?ahe dem Omnibusbahnhof, wo sich einem jedes Gesicht einpr?e und Phantasien dar?ber aufkamen, mit wem man gerne gesprochen h?e. Doch all diese Neu