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Rom, das bin ich

Marcus Tullius Cicero - Ein Leben

Erschienen am 25.02.2011
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783608946451
Sprache: Deutsch
Umfang: 385 S., 5 Karten
Format (T/L/B): 2.6 x 23.3 x 16.3 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Cicero (106-43 v. Chr.) war schon zu seinen Lebzeiten umstritten: Die einen priesen ihn als den Retter der Republik und größten Redner aller Zeiten. Andere hielten ihn für einen ehrgeizigen Aufsteiger und Anwalt zwielichtiger Gestalten, einen überschätzten Politiker und Salonphilosophen. Nach der Lektüre der gerade entdeckten Cicero-Briefe schrieb Petrarca 1350 an einen Freund: 'Als ich dies alles las, war ich bezaubert und abgestoßen zugleich.' Auf der Basis dieser Briefzeugnisse hat Francisco Pina Polo die Cicero-Biographie für das 21. Jahrhundert verfasst. Im Focus steht der Mensch hinter der öffentlichen Figur, der Freund, Vater und Ehemann. So entsteht ein Bild all der Ambivalenzen und Facetten seiner Persönlichkeit - und zugleich eine höchst anschauliche Kulturgeschichte Roms am Ausgang der Republik.

Leseprobe

3 DIE FINANEN EINES INTELLEKTUELLEN Cicero lehnte wie die führenden griechisch-römischen Kreise allgemein körperliche Arbeit ab, akzeptierte die Sklaverei als eine soziale Realität, die nicht zur Diskussion stand, und verteidigte die Einteilung der Gesellschaft in Reiche und Arme als natürliche Gegebenheit, die dafür sorgte, dass jedem ein Ort in der Gesellschaft entsprach; aus dieser Stellung resultierten verschiedene Rechte und Pflichten, die wegen der Gefahr, dass alles in sich zusammenstürzte, nicht angerührt werden durften. Die Akzeptanz der sozialen Position, die einem Individuum qua Geburt zukam, galt als Fundament gesellschaftlicher Stabilität und Eintracht zwischen ihren Mitgliedern: Es gibt aber von Natur aus kein privates Eigentum, sondern entweder durch weit zurückliegende Inbesitznahme [.] oder durch einen Sieg [.] oder durch eine gesetzliche Maßnahme, einen Vertrag, eine Vereinbarung, ein Los [.]. Weil auf diese Weise jeder Einzelne persönliches Eigentum an dem erwarb, was ursprünglich allen gemeinsam gehört hatte, soll jeder auch das behalten, was ihm zugefallen ist; wenn sich jemand davon etwas wegnehmen will, wird er das Recht der menschlichen Gemeinschaft verletzen. (Vom rechten Handeln 1,21) Deshalb stellte sich Cicero jeder politischen Initiative entgegen, die versuchte, diese Ungleichheit einzuebnen. Die subventionierte oder kostenlose Verteilung von Getreide an das stadtrömische Volk hielt er für ein unnötiges Eingreifen des Staates, wo doch Privatinitiative wünschenswert war, die Wohltätigkeit und paternalistische Freigebigkeit der Patronage und der Klientel. Bis zuletzt verweigerte sich Cicero Agrarreformen: Diejenigen aber, die als sozial gelten wollen und aus diesem Grund entweder eine Bodenreform in Angriff nehmen, um die Eigentümer von ihren Grundstücken zu vertreiben, oder meinen, dass man den Schuldnern die Schulden erlassen müsse, bringen die Grundlagen des Gemeinwesens ins Wanken: an erster Stelle die Eintracht, die nicht mehr vorhanden ist, wenn den einen Geld fortgenommen und den anderen geschenkt wird, ferner die Gerechtigkeit [.]. Was ist das aber für eine Gerechtigkeit, dass jemand ein Stück Land, das viele Jahre lang oder sogar seit Jahrhunderten jemandem gehört hat, besitzt, der vorher kein Land besessen hat, derjenige aber es verliert, der es besaß? (Vom rechten Handeln 2,78-79) Schließlich gehörte Cicero selbst zu den Landbesitzern, seine Politik begünstigte sie systematisch und er fand unter ihnen große Unterstützung. Dies drückt er klar in einem Brief an Atticus aus, worin von einem geplanten Agrargesetz die Rede ist, das die Veteranen des Pompeius aus dem Jahr 60 mit Landlosen versorgen soll: Für das Ackergesetz wird vom Volkstribun Flavius heftig Stimmung gemacht, und dahinter steht Pompeius. Das ist aber auch das einzig Populäre an der Sache. Aus diesem Gesetz suche ich unter Zustimmung der Volksversammlung alle die Punkte zu beseitigen, die für die Privatleute nachteilig sind [.] die begüterten Leute sind, wie du weißt, meine Leibgarde [.]. (Atticus-Briefe 1,19,4) Es soll einerseits Güter geben, die von allen Mitgliedern einer Gemeinschaft genutzt werden können, wie zum Beispiel das Wasser: '[.] den gemeinsamen Besitz aller Dinge zu bewahren, die die Natur zum allgemeinen Gebrauch der Menschen hevorgebracht hat' (Vom rechten Handeln 1,51). Aber ebenso ist es der menschlichen Natur eigen, sich mit all dem zu versorgen, was für das persönliche Überleben und das der Familie notwendig ist. Dieses Bestreben stand am Anfang des Privateigentums, das aus der permanenten Besetzung von Land nach einem Sieg, durch Konvention oder einen Vertrag entsteht und mithin gerechtfertigt ist. So machte Cicero sich zum Beschützer des Privateigentums als dem Fundament einer zivilisierten Gesellschaft; diese Idee war für ihn zentral: Der Staat war keine moralische Instanz, dessen Funktion im Schutz der Individuen bestand, sondern ei Leseprobe

Inhalt

Einleitung 9 1 AUF DER SUCHE NACH EINEM ORT IN DER GESCHICHTE 15 2 DIE AUSBILDUNG ZUM POLITIKER (103-77 v. Chr.) 30 3 DIE FINANZEN EINES INTELLEKTUELLEN 47 4 AUF DEM WEG ZUM KONSULAT (76-64 v.Chr.) 64 5 EIN EMPORKÖMMLING EROBERT ROM 78 6 DER KONSULAT: DAS JAHR DES TRIUMPHS (63 v. Chr.) 90 7 »DAS WOHL DES VOLKES ALS OBERSTES GESETZ« 111 8 VOM RUHM INS EXIL (62-58v.Chr.) 128 9 DER KAMPF UM DIE VERLORENE WÜRDE (57 v. Chr.) 152 10 RELIGION UND PRIESTERTUM: ZWISCHEN PRAGMATIK UND STAATSRÄSON 165 11 IM DIENST DER »TRIUMVIRN« (56-52v.Chr.) 185 12 DIE POLITISCHEN GEDANKEN EINES KONSERVATIVEN REPUBLIKANERS .211 13 DER PROKONSULAT IN KILIKIEN (51-50 v. Chr.) 228 14 DEN BÜRGERKRIEG ÜBERLEBEN (49-47 v. Chr.) 254 15 DER PERFEKTE REDNER 278 16 DAS LEBEN UNTER DER DIKTATUR CAESARS (46-44 v. Chr.) 296 17 CICEROS TOD (44-43v.Chr.) 316 ANHANG 349 Zeittafeln 351 Bibliographie 367 Personenregister 374 VERZEICHNIS DER KARTEN Karte 1: Rom im 1. Jahrhundert v.Chr 49 Karte 2: Das Zentrum Roms und Ciceros Haus auf dem Palatin 53 Karte 3: Besitzungen Ciceros in Italien 58 Karte 4: Ciceros Reiseroute in Anatolien 244 Karte 5: Das Römische Reich zur Zeit Caesars 260

Schlagzeile

Die Cicero-Biographie für das 21. Jahrhundert