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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783446202689
Sprache: Deutsch
Umfang: 168 S.
Format (T/L/B): 1.8 x 21 x 13.3 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Zwei Generationen, zwei Schicksale, Mann und Frau: Chloé, sitzen gelassen von ihrem Ehemann und Pierre, ihr Schwiegervater. Und ausgerechnet dieser distanzierte, kühle Pierre nimmt Chloé mit in sein Landhaus und erzählt ihr von seinem lang gehüteten Geheimnis: von der großen Liebe seines Lebens, von heimlicher Untreue und von ungelebten Träumen. Es sind zwei gegensätzliche Schicksale, die Gavalda in ihrem bekannt lakonischen, pointierten Stil beschreibt: eine doppelte Liebesgeschichte - voller Lebensklugheit und Witz.

Autorenportrait

Homepage von Anna Gavalda

Leseprobe

'Als ich dich das erste Mal gesehen habe, warst du ganz blau. Ich weiß noch, wie beeindruckt ich war. Ich sehe dich vor mir in diesem Türrahmen hier. Adrien stützte dich, und du hast mir eine Hand hingestreckt, die vor Kälte gekrümmt war. Du konntest mich nicht begrüßen, du brachtest kein Wort heraus, ich habe dir als Willkommensgruß den Arm gedrückt, und ich sehe noch heute die weißen Flecken, die meine Finger auf deinem Handgelenk hinterlassen haben. Zu Suzanne, die schon ganz aufgelöst war, hatte Adrien lachend gesagt: &8250;Ich habe euch eine Schlümpfin mitgebracht!&8249; Dann hat er dich nach oben getragen und in ein heißes Bad versenkt. Wie lange du darin geblieben bist? Ich weiß es nicht mehr, ich weiß nur noch, daß Adrien ständig zu seiner Mutter sagte: &8250;Ganz ruhig, Mama, ganz ruhig! Sobald sie gar ist, können wir essen.&8249; Schließlich hatten wir Hunger, ich jedenfalls. Und du kennst mich ja, du weißt ja, wie so ein alter Kotzbrocken ist, wenn er Hunger hat &8230; Ich wollte gerade den Befehl geben, ohne euch zu Tisch zu gehen, als du herunter kamst, mit nassen Haaren und schüchternem Lächeln in einem alten Bademantel von Suzanne. Dieses Mal waren deine Wangen rot, rot, rot. Beim Essen habt ihr uns dann erzählt, daß ihr euch in der Kinoschlange für Ein Sonntag auf dem Lande getroffen habt und nicht mehr reingekommen seid und daß dir Adrien, der Aufschneider &8211; das liegt in der Familie &8211;, genau das vorgeschlagen hat, einen Sonntag auf dem Lande, dort vor seinem Motorrad. &8250;Das ist ein einmaliges Angebot&8249;, hatte er gesagt und du hattest eingewilligt, was deinen fortgeschrittenen Zustand der Erfrierung erklärte, da du in T-Shirt und Regenjacke aus Paris weggefahren warst. Adrien verschlang dich mit den Augen, was nicht ganz einfach für ihn gewesen sein muß, denn du hieltest die ganze Zeit über den Kopf gesenkt. Ein Grübchen war zu sehen, wenn er von dir sprach, wir stellten uns daher vor, daß du uns anlächelst. Ich erinnere mich auch noch, daß du ausgefallene Turnschuhe anhattest &8230;' 'Gelbe Converse, stimmt!' 'Natürlich stimmt&8217;s. Darum &8211; du kannst gerne über die Turnschuhe schimpfen, die ich Lucie gekauft habe. Ach ja, das muß ich ihr noch erzählen. Hör nicht auf sie, mein Schatz, als ich deine Mutter kennengelernt habe, trug sie gelbe Turnschuhe mit roten Schnürsenkeln.' 'Du erinnerst dich noch an die Schnürsenkel?' 'Ich erinnere mich an alles, Chloe, an alles, hörst du? Die roten Schnürsenkel, das Buch, das du am nächsten Tag unterm Kirschbaum gelesen hast, während Adrien an seiner Maschine herumschraubte.' 'Wie hieß es?' 'Garp und wie er die Welt sah, stimmt&8217;s?' 'Genau.' 'Ich weiß noch, daß du Suzanne angeboten hast, die Treppe zu dem alten Keller vom Gestrüpp zu befreien. Ich erinnere mich noch an die begeisterten Blicke, die sie dir zuwarf, als sie sah, wie du dich mit den Brombeersträuchern abgerackert hast. Darin stand in blinkender Leuchtschrift &8250;Schwiegertochter? Schwiegertochter?&8249; zu lesen. Ich bin mit euch zum Markt von Saint-Amand gefahren, du hast einen Ziegenkäse gekauft, und wir haben vor Ort einen Martini getrunken. Du hast einen Artikel gelesen, ich glaube über Andy Warhol, während wir uns am Flipper ausgetobt haben, Adrien und ich.' 'Nicht zu fassen, wie kommt es, daß du dich an das alles erinnerst?' 'Ähh &8211; ich will mich damit nicht brüsten &8211; es war eins der wenigen Male, daß wir etwas gemeinsam hatten.' 'Du meinst, du und Adrien?' 'Ja.' 'Ja.' Ich stand auf, um den Käse zu holen. 'Nein, nein, keine neuen Teller, das ist nicht nötig.' 'Doch doch, ich weiß, daß du es haßt, den Käse vom gleichen Teller zu essen.' 'Daß ich es hasse? Ach ja &8211; so ist es &8211; noch so ein Spleen von diesem alten Kotzbrocken, nicht ...